Handaufzucht – Naturbrut


hierzu die Stellungnahme des Deutschen Tierschutzbundes :
https://www.tierschutzbund.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Positionspapiere/Heimtiere/Handaufzucht_von_Papageien.pdf
Auszüge aus dem Papier:


Hintergrund
In den letzten Jahren ist vermehrt der Trend zum handaufgezogenen Vogel als Heimtier festzustellen. So werden in Kleinanzeigen, im Internet, aber auch im Zoofachhandel handaufgezogene Nymphensittiche, Kakadus, Graupapageien etc. angeboten.


Eine Sichtung von Kleinanzeigen im Internet ergab prozentual bei Graupapageien einen Handaufzuchtanteil von 77 Prozent, Amazonen von 77 Prozent, Aras von 44 Prozent und Kakadus von 67 Prozent (Stand: .15.08.2006) Handaufgezogene Vögel sind in der Regel fast doppelt so teuer wir Naturbruten, was die Handaufzucht zu einem lukrativen Geschäftszweig macht. Als Folge haben sich viele Züchter auf die reine „Produktion“ von Handaufzuchten spezialisiert und Naturbruten rücken in den Hintergrund. Ziel solcher Handaufzuchten ist, dass die Vögel von Anfang an auf den Menschen geprägt werden und sich bei der Heimtierhaltung als zahm und anhänglich herausstellen.


Bewusste Handaufzuchten sind aus Tierschutzsicht abzulehnen, ausgenommen es gibt eine medizinische Indikation für die Handaufzucht. Die Aufzucht eines Vogels unter dem Aspekt durchzuführen, ein auf den Menschen geprägtes, zahmes Heimtier zu erhalten, ist nicht mit den artspezifischen Ansprüchen der Vögel zu vereinbaren. Dahinter steht ein altmodisches Bild des zahmen Nymphensittichs auf der Schulter eines Menschen oder des sprechenden Papageien im Wohnzimmer. Handaufzuchten tragen dazu bei, dieses falsche Bild aufrechtzuerhalten und weiter zu festigen. Für ein vertrautes Verhältnis zwischen Mensch und Tier bedarf es keiner Handaufzucht. Bei der Zucht und Haltung von Tieren sollten immer die arteigenen Bedürfnisse des Tieres und nicht die Wünsche des Menschen im Vordergrund stehen.


Rechtliche Lage
In Deutschland kann neben §2 Tierschutzgesetz, welcher besagt, dass ein Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend ernährt, gepflegt und untergebracht werden soll, nur das Gutachten des BMELV mit Mindestanforderungen an die Haltung von Papageienvögeln von 1995 herangezogen werden. Dieses stellt in Abschnitt I fest, dass „Jungvögel so aufgezogen werden sollten, dass sie artgeprägt sind“. In Österreich sind kommerzielle Handaufzuchten seit 2004 verboten: „… muss die Aufzucht von Vögeln grundsätzlich so erfolgen, dass sie auf ihre Art geprägt sind. Die Handaufzucht ist nicht tiergerecht, da die Tiere keine Möglichkeit zur Entwicklung des artspezifischen Sozialverhaltens haben und die Handaufzucht einer Fehlprägung Vorschub leistet. Die Handaufzucht darf daher nur in begründeten Ausnahmefällen (beispielsweise bei Tod des aufziehenden Elternteils) erfolgen.
Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT ) lehnt die Handaufzucht isolierter Papageien grundsätzlich ab.


Naturbruten
Als Naturbruten bezeichnet man das Bebrüten der Eier, den Schlupf und die Aufzucht von Jungtieren durch die Elterntiere unter möglichst naturnahen Bedingung en. Bei der Fütterung der Jungvögel durch die Elterntiere werden neben dem angedauten Futter auch Enzyme weitergegeben. Die Elternvögel füttern in den       Schnabel der Küken, die aktiv den Futterbrei abschlucken. Sobald der Kropf des Kükens wieder leer ist, erfolgt eine erneute Fütterung. Die Sinneswahrnehmungen der Nestlinge sind in den ersten Tagen auf „Fühlen“ begrenzt (die Polsterung der Nisthöhle, Hautkontakt mit an deren Nestlingen, Berührung durch Schnabel der Elterntiere, was das Schnabelsperren auslöst etc.). Nach einiger Zeit kommen die Wahrnehmungen „Sehen“ und „Hören“ dazu. Die Nestlinge äußern nun gerichtete Bettellaute, je nach Berührung oder Hören von Lauten der Eltern . Die Elternvögel setzen z. T. auch Beruhigungslaute ein. Diese Lautäußerungen sind wichtige innerartliche Kommunikationsmittel. Mit zunehmender Entwicklung des Gefieders helfen die Elterntiere den Jungvögeln, die Federscheiden zu öffnen. Nachdem die Augen geöffnet sind, werden die Küken auf die Elternvögel geprägt. Die Jungvögel erlernen von den Altvögeln Verhaltensweisen aus den Funktionskreisen Nahrungserwerbs-, Sozial- und Fortpflanzungsverhalten.


 Die Zeitspanne vom Schlupf bis zum Flüggewerden und zum Beginn der selbständigen Futteraufnahme beträgt bei den meisten Arten zwölf bis 14 Wochen, bei großen Aras sieben bis acht Monate. Bis die Jungvögel vollkommen selbständig sind, vergehen weitere drei (Graupapagei) bis 15 Monate (Ara). Wichtige Prägungsphasen finden in der Nisthöhle nach dem Öffnen der Augen sowie später bei den Jungvögeln im Schwarm statt. „


Verhaltensprobleme
Per Hand aufgezogene Vögel neigen im Allgemeinen vermehrt zu problematischem Verhalten. Vor allem die isoliert handaufgezogenen Vögel ge lten als extrem zahm, da sie sozial und sexuell auf den Menschen geprägt sind. Allerdings kommt es meist mit Eintritt der Geschlechtsreife nach zwei bis sechs Jahren zu Problemen. Der Partner Mensch reagiert nicht so, wie es ein Vogelpartner tun würde. Er kann auch die erforderliche Zeit nicht aufbringen, um dem Sozialbedürfnis des Vogels zu genügen. Das führt zu andauernder Frustration und Triebstau.  Auch vermehrtes Schreien wird beschrieben. Ohne Kontakt zu Artgenossen haben Papageien keine Möglichkeit, das arteigene Lautäußerungsrepertoire zu erlernen, dass die Küken sich normalerweise von den Eltern aneignen.


 Eine Studie zum Einfluss der Aufzuchtmethode auf das spätere Verhalten (mit 105 Graupapageien) ergab, dass handaufgezogene Tiere in der Regel aggressiver sind als Naturbruten und Wildfänge. Sie sind außerdem selektiver und dulden nur von wenigen bestimmten Menschen Annäherungsversuche und körperlichen Kontakt. Sie betteln mehr, um Futter zu bekommen, leiden eher an Übergewicht und weisen mehr Stereotypien auf. Darüber hinaus besitzen sie nur eine begrenzte Fähigkeit, mit Artgenossen ein normales Sexualverhalten zu entwickeln. Handaufgezogene Papageien pflegen ihr Gefieder oft entweder unzureichend oder zu intensiv. Dies kann zu Federbeißen, Federfressen, Federrupfen bis hin zur Automutilation (Selbstverstümmelung)


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